T-shaped Manager: Skills für erfolgreiche Projekte
Wie schafft man als Projektmanager den Spagat zwischen Nerd und Organisator? In unserer Erfahrung ist “T-shaping” eine Antwort darauf (wenn man nicht auf Superkräfte wie auf dem Artikelbild zurückgreifen kann). Unser Seniorprojektmanager Wolfgang Rauscher gibt Ihnen in diesem Artikel Erfahrungen aus der Praxis weiter, wie Sie von einem guten Skillmix in Projekten profitieren können.
Die Anforderungen an heutige IT-Projektmanager gehen weit über die Beherrschung von Projektmanagement-Methoden hinaus. Projekte werden immer komplexer und die Digitalisierung von Prozessen verändert die Geschäftsmodelle von Unternehmen. Als IT-Projektmanager genügt es nicht mehr, sich auf ein breites Wissen in Bezug auf die Steuerung von Projekten zu verlassen, sondern spezialisierte Fähigkeiten werden immer wichtiger. Das Konzept des T-shaped Projektmanagements erklärt diesen Paradigmenwechsel.
Was ist eine t-shaped Person?
Beim T-shaped Projekt Management steht der horizontale Balken des Buchstabens „T“ für Breitenkompetenz, im Falle eines IT-Projektmanagers also für fundiertes und detailliertes Wissen über Projektmanagement-Methoden. Der vertikale Balken des Buchstabens „T“ steht für spezialisierte Kompetenzen in einem Spezialgebiet wie z.B. Testmanagement oder Architektur.
In meiner Erfahrung erhöhen spezialisierte Kompetenzen die Akzeptanz eines Projektmanagers im Projektteam, weil man so mit den Spezialisten „auf Augenhöhe“ agieren kann.
Wolfgang Rauscher
Die beiden Balken formen gemeinsam den Buchstaben „T“ und beschreiben den T-shaped Projektmanager, der Projektmanagement-Breitenkompetenz sowie Tiefenkompetenz in einem ausgewählten Spezialgebiet aufweist. In der Folge möchte ich Ihnen an meinem Beispiel illustrieren, wie das in der Praxis funktioniert.
T-shaped in der Praxis: Sinnvolle Skillsets
Wie sich für mich bereits in vielen Projekten gezeigt hat, ist Anforderungsmanagement ein nahezu ideal zu Projektmanagement passendes Spezialgebiet. Meine persönliche “T-shape” hat also Projektmanagement als Breitenkompetenz. Als Tiefenkompetenzen habe ich Anforderungsmanagement und Telekommunikationstechnik.
Tiefenkompetenz Anforderungsmanagement: Besser Verstehen und Einschätzen
Meine Kenntnisse auf dem Gebiet des Anforderungsmanagements ermöglichen mir als Projektmanager ein tiefes Verständnis der eigentlichen Projektinhalte. Durch die flexible Anwendung unterschiedlicher Ermittlungsmethoden in der Analysephase eines Projekts kann ich in meinen Projekten die Basis für eine detaillierte Ausarbeitung von Projektinhalten schaffen.
Als Projektmanager kann ich auf Basis dieser Projektinhalte Arbeitspakete richtig planen („Aufgaben richtig schneiden“) und auch deren Lieferobjekte („Deliverables“) detailliert festlegen. Dadurch wiederum wird das extrem wichtige Thema der Aufwandsschätzung und damit der Ermittlung des für die Umsetzung notwendigen Projektbudgets erleichtert. Meine Schätzungen werden genauer, weil die Arbeitspakete detaillierter geplant wurden.
Zusammengefasst profitieren Projekte, die von einem T-shaped Projektmanager mit dem Spezialgebiet Anforderungsmanagement geplant und geleitet werden, von folgenden Punkten:
- tendenziell weniger Änderungen im Projektverlauf
- Die drei Kernelemente – Zeit, Inhalt und Kosten (im Projektauftrag festgelegt) – sind detaillierter analysiert und genauer geplant.
- Bei unvermeidbaren Änderungen ist der T-shaped Projektmanager in der Lage, die Auswirkungen detailliert zu analysieren und die Projektpläne entsprechend anzupassen.
Tiefenkompetenz Technologie: Glaubwürdigkeit
Als ein weiteres Spezialgebiet habe ich detaillierte, technische Kenntnisse über Telekommunikation. Diese Kenntnisse haben sich für mich schon oft bewährt, wenn es darum ging, Vertrauen im Projektteam aufzubauen (speziell dann wichtig, wenn man als externer Projektmanager arbeitet). Projektteammitglieder reagieren zu Beginn eines Projekts oft abwartend bzw. zurückhaltend dem Projektmanager gegenüber. Motto: “Schauen wir mal, was der kann!”.
Wenn man in dieser Situation dem Projektteam zeigen kann, dass man “einer von ihnen” ist und die (technische) Fachsprache ebenso beherrscht wie die Methoden des Projektmanagements hat man das Team schon auf seine Seite gezogen. Die Projektteammitglieder fühlen sich abgeholt, verstanden und gut aufgehoben. Ein Mitarbeiter eines Projekts hat einmal zu mir gesagt: “Endlich mal ein Projektleiter, der unsere Sprache spricht!” Diese hohe Akzeptanz meiner Person im Projektteam hat mir schon oft das Leben als Projektmanager vereinfacht. Projekte, die von einem T-shaped Projektmanager mit detaillierten, technischen Kenntnissen geleitet werden, haben meist folgende Vorteile:
- Der Projektmanager versteht die technischen Inhalte der Arbeitspakete und erkennt, wenn ein Projektteammitglied den Aufwand für eine Aufgabe falsch einschätzt.
- Die Planungsgenauigkeit von Arbeitspaketen wird verbessert.
- Der Projektmanager wird vom Projektteam akzeptiert.
- Das Projektteam identifiziert sich mit dem Projekt (“Es ist UNSER Projekt!”) und die Qualität der Arbeit wird dadurch verbessert.
- Das Formen eines Projektteams wird erleichtert, der Projektmanager ist ja kein Fremdkörper im Team sondern “einer von uns”.
Fazit: Projekte erfolgreicher mit T-shaped skills managen
Meine Erfahrung zeigt, dass sich Projekte in ihrer Komplexität durch T-shaping besser steuern lassen. Das beginnt bei soften Faktoren des Projektmarketings (“Glaubwürdigkeit”) und der Kommunikation zwischen Nerds und Managern auf Augenhöhe. Am anderen Ende stehen genauere Schätzungen, besseres Changemanagement und präzisere Planung.
So ein Skillset hat man in der Regel nicht sofort nach der Ausbildung, sondern es entwickelt sich im Laufe des beruflichen Werdegangs. Mitunter verändert es sich auch und man schafft sich noch mehrere Kompetenz-Standbeine. Dafür gibt es mittlerweile schon das Schlagwort des Hashtag-shaped (#-shaped) Projektmanagers. Jedenfalls sind gute Ausbildungen die Grundlage für den Aufbau solcher Skillsets, weshalb ich meine Erfahrungen gerne auch als Trainer weitergebe!