Was ist NIS 2 – und warum betrifft es (fast) alle?
Die neue EU-Richtlinie NIS 2 verändert die Spielregeln für IT-Sicherheit in Europa. Seit Oktober 2024 müssen Mitgliedstaaten sie in nationales Recht umgesetzt haben. Sie verpflichtet Unternehmen und Behörden, ihre Cyber-Sicherheit systematisch zu organisieren – mit klaren Prozessen, Meldepflichten und Verantwortung auf Management-Ebene.
Für viele Organisationen kommt das einer Zeitenwende gleich: Was früher „Best Practice“ war, wird jetzt Pflicht. Und betroffen sind weit mehr Einrichtungen als bisher – von Energieversorgern über Stadtwerke und Krankenhäuser bis hin zu IT-Dienstleistern und Gemeinden.
Was steckt hinter NIS 2?
NIS 2 steht für „Network and Information Security Directive 2“. Sie ersetzt die erste NIS-Richtlinie aus dem Jahr 2016 und verfolgt ein klares Ziel:
Ein hohes, einheitliches Cyber-Sicherheitsniveau in der gesamten EU.
Neu ist der deutlich erweiterte Anwendungsbereich und die verbindliche Haftung für das Management. NIS 2 soll sicherstellen, dass nicht nur technische Abwehrmaßnahmen vorhanden sind, sondern auch Governance, Risikomanagement und Lieferkettenkontrolle gelebt werden.
Die Richtlinie ist seit 16. Jänner 2023 in Kraft.
- In Deutschland wurde das NIS2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz (NIS2UmsuCG) im Sommer 2025 beschlossen.
- In Österreich verzögerte sich die Novelle des NIS-Gesetzes (NISG); eine neue Fassung ist für 2025 in Vorbereitung.
Selbst wenn nationale Gesetze noch in Arbeit sind, gilt: Die Anforderungen stehen fest. Organisationen, die jetzt handeln, sichern sich wertvolle Zeit und Compliance-Vorsprung.
Was verlangt NIS 2 konkret?
Der Kern der Richtlinie besteht aus zehn verpflichtenden Sicherheits- und Organisationsmaßnahmen, die alle betroffenen Einrichtungen umsetzen müssen:
- Risikoanalyse & Sicherheitsstrategie
- Incident-Handling – Erkennung, Reaktion, Wiederherstellung
- Business Continuity & Backup-Management
- Lieferkettensicherheit
- Sichere Entwicklung & Wartung (inkl. Schwachstellenmanagement)
- Wirksamkeitsbewertung der Sicherheitsmaßnahmen
- Cyber-Hygiene & Schulungen
- Zugriffs- und Identitätsmanagement
- Kryptographie & Verschlüsselungsrichtlinien
- Richtlinien für System- und Netzwerksicherheit
Hinzu kommt eine strenge Meldepflicht bei Sicherheitsvorfällen, die sogenannte 24/72/30-Regel:
- Innerhalb von 24 Stunden: „Early Warning“ an Behörde oder CSIRT
- Innerhalb von 72 Stunden: Incident-Meldung mit Erstbewertung
- Spätestens nach 30 Tagen: Abschluss- oder Fortschrittsbericht
Management in der Verantwortung
Eine der gravierendsten Änderungen betrifft die Geschäftsleitung.
Nach Artikel 20 NIS 2 muss das Management:
- das Sicherheits-Risikomanagement genehmigen und überwachen,
- geeignete Maßnahmen einführen und
- regelmäßig an Schulungen teilnehmen.
Bei Verstößen drohen empfindliche Geldstrafen – und persönliche Haftung der Leitungsebene:
- Essential Entities: bis 10 Mio. € oder 2 % des weltweiten Jahresumsatzes
- Important Entities: bis 7 Mio. € oder 1,4 % des Umsatzes
Damit wird Cybersicherheit zur Chefsache – vergleichbar mit Arbeitssicherheit oder Datenschutz.
Bin ich betroffen? – Der schnelle Selbstcheck
- Tätig in einem der 18 Sektoren laut NIS 2?
- Mehr als 50 Mitarbeitende oder > 10 Mio. € Umsatz?
- Erbringe ich kritische Dienstleistungen für Bürger:innen oder Wirtschaft?
- Bin ich Lieferant eines betroffenen Unternehmens oder einer Behörde?
- Habe ich dokumentierte Prozesse für Risiko- und Incident-Management?
Wenn Sie eine dieser Fragen mit Ja beantworten, ist Ihre Organisation höchstwahrscheinlich im Scope von NIS 2.
Was jetzt zu tun ist
- Gap-Analyse durchführen: Welche Anforderungen sind bereits erfüllt, welche fehlen?
- Governance anpassen: Rollen, Verantwortlichkeiten, Freigabeprozesse.
- Incident-Playbook erstellen: klare Meldewege und Eskalationsstufen.
- Lieferantenverträge prüfen: Cyber-Sicherheitsanforderungen verankern.
- Management & Mitarbeitende schulen: Bewusstsein schaffen, Haftung vermeiden.
Fazit
NIS 2 ist weit mehr als ein Regulierungsthema – es ist ein Impuls für professionelles Sicherheits- und Risikomanagement.
Organisationen, die heute beginnen, gewinnen nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch Vertrauen und Resilienz in einer zunehmend digitalen Welt.
NIS 2 ist gekommen, um zu bleiben – wer jetzt startet, ist im Vorteil.
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